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Niccolo Machiavelli - Biographie


1517-1518

Machiavelli schreibt, vermutlich angeregt durch die literarischen Gespräche in den Orti Oricellari, die Komödie 'La Mandragola'. Die ursprüngliche Fassung wurde 1518 zunächst unter dem Titel 'Comedia di Callimaco: E di Lucretia' von Machiavelli fertiggestellt. 1520 wird das Lustspiel, dass bis heute auf den Spielplänen sich findet, in Florenz uraufgeführt. Die Komödie, die von Macht und Ohnmacht der Tugend handelt, wird erstmals 1524 publiziert und erlebt heute noch Aufführungen.


1520-1521

GuicciardiniEine andere Frucht seiner Teilnahme an den Diskussionen in den Orti war die Abhandlung 'Über die Kriegskunst', deren Abfassung er 1520 beginnt. Machiavelli veröffentlicht diese Schrift, die in Form einer freien Unterredung in den Orti Oricellari gekleidet ist, 1521. Das Werk ist dem Edelmann Lorenzo di Filippo Strozzi gewidmet.

Leider findet sich diese Arbeit nicht in der 1925 erschienenen deutschsprachigen Gesamtausgabe der Werke Machiavellis - ausdrücklich weisen die Herausgeber darauf hin und begründen das Fehlen damit, dass diese Schrift keine aktuellen Wert besitzt. Dies vor allem, weil Machiavelli die Bedeutung der Artillerie unterschätzte.

Machiavelli verewigt in dieser Schrift seine jugendlichen Freunde wie Zanobi Boundelmonti, Cosimo Rucellai, Luigi Alamanni aus den Gärten und liefert das Beispiel der anregenden Gesprächskunst in den Orti - der Geist der Akademie (die ja von Ficino in Florenz neubegründet worden war!) weht. Und ein ausgewiesener Fachmann, einer der tapfersten Soldaten seiner Zeit, Fabrizio Colonna, führt das Gespräch und beglaubigt die Seriosität des Textes - ein feines rhetorisches Mittel.

Gleichzeitig zeigt diese Schrift noch einmal nachdrücklich den Strategen Machiavelli, der ganz und gar nicht Laie auf dem Gebiet der Kriegskunst war, wie der Sieg über Pisa von 1509 deutlich macht.


Machiavelli schreibt 1520 die wunderbare Herrschernovelle 'Das Leben Castruccio Castracani aus Lucca' - das Portrait eines Herrschers aus eigener Kraft, der im Spiel von 'fortuna' und 'virtu' in der Geschichte nach oben gespült wird und wieder ins Nichts versinkt. Dieses kleine, aber feine historiographische Werk ist gleichsam nur die Probe auf seine nun folgende offizielle Aufgabe als Geschichtsschreiber. Machiavelli wird 1520 auf Veranlassung Kardinals Guilio de´ Medici (der 1523 Papst Clemens VII. wird) von der Universität Florenz beauftragt, die Geschichte von Florenz zu Papier zu bringen.


Es beginnt der Briefwechsel und die Freundschaft mit dem Florentiner Diplomaten Francesco Guicciardini (1483-1540), der später ebenfalls eine 'Geschichte Florenz´ von 1378 bis 1509' und dazu eine 'Geschichte Italiens' aufzeichnen wird. Berühmt sind auch dessen 'Ricordi', ein geistiger Schatz, den nur wenige Kenner bisher gehoben haben. Die 'Ricordi' sind eine Sammlung von ungemein luziden Gedanken zu Politik und anderen Gegenständen. In Antiquaritaten ist dieses Weltbuch in deutscher Übersetzung von Ernesto Grassi unter dem Titel 'Das politische Erbe der Renaissance' (Bern, 1946) zu erjagen. An dieser Stelle einige Gedanken:


"De futuris contingentibus non est determinata veritas! - Über zukünftige Geschehnisse gibt es keine wirkliche Gewißheit - lautet das Wort eines Denkers. Du magst es drehen wie du magst, immer mußt du zugestehen, daß es zutrifft."


"Vom Tun oder Nichttun eines scheinbar Nichtigen hängt oft das Gelingen des Wichtigsten ab, drum soll man auch im Kleinsten behutsam und umsichtig sein."


"Wer von der Volksmasse redet, spricht von einem Toren. Sie ist ein Ungeheuer voller Verworrenheit und Widersprüche und all ihre Überzeugungen sind so fern von der Wahrheit wie, nach Ptolomäus, Spanien von Indien."


"Leicht ist ein schöner Zustand zerstört, während man ihn nur schwer erreicht. Wer sich wohlbefindet, tue drum alles, um dieses Glück nicht zu verlieren."


"Glück ist zuweilen des Menschen größter Feind: Es macht ihn oft böse, leichtfertig und rücksichtslos; deshalb ist ihm zu widerstehen eine härtere Probe als die Überwindung vieler Widerstände."


"Wer andern zu befehlen hat, darf dabei nicht allzuviel Rücksicht und Feingefühl zeigen, ich sage freilich nicht, er solle ihrer ganz ermangeln, nur sie zu oft üben ist schädlich."


"ich wäre sofort bereit, für jeden Sturz einer Staatsführung, die mir nicht gefält, zu wirken, wenn ich hoffen dürfte, dieses allein zu erreichen. Da ich jedoch erfuhr, daß man dazu der Mithilfe von anderen und meistens von Narren oder üblen Burschen bedarf, die weder schweigen noch zu handeln wissen, verabscheue ich kaum irgend etwas mehr als derartige Pläne."


"Männer wie Alexander oder Cäsar kannten keine Gnade, wenn sie dadurch einen Sieg aufgeben oder einen Erfolg gefährdet hätten; dies wäre auch tatsächlich Wahnsinn. Sie waren nur dann gnädig, wenn sie trotzdem ihre Sicherheit nicht gefährdeten und sich noch liebenswerter machen konnnten."


"Drei Dinge wünsche ich vor meinem Tod noch zu sehn, doch zweifle ich, ob ich auch wenn ich sehr lang lebe noch irgendeines erleben werde: ein wohlgeordnetes Staatswesen in unserer Stadt, Italien von den Barbaren befreit und die ganze Welt erlöst von der Gewaltherrschaft dieser frevelhaften Pfaffen."


"Keinen größeren Feind hat der Mensch als sich selbst. Fast alle üblen Gefahren und Mühen, die nicht zu sein brauchten, schafft er sich selbst durch übergroße Begehrlichkeit."


"Mein Vater sagte einst: Ein Dukaten in der Tasche verschafft größere Ehre als zehn ausgebene. Das sollte man sich merken, aber nicht, um dabei geizig zu werden oder ehrenvolle und durchaus berechtigte Ausgaben einzusparen, sondern um den überflüssigen Aufwand zu vermeiden."


"Ich war früher ein offener Mensch und haßte alle Winkelzüge, weshalb es allen Leuten gelang, mit mir etwas auszumachen. Später habe ich dann jedoch gelernt, wie nützlich es ist, überall seinen Vorteil herauszuhandeln, was man am geschicktesten auf folgende Weise fertigbringt: man geht nicht sofort auf sein Ziel los, sondern faßt es von fern ins Auge und läßt sich Schritt für Schritt - scheinbar widerwillig - dorthin ziehen oder treiben. Wer das kann, erreicht häufig mehr, als er zunächst erstrebte. Wer sich hingegen so benimmt, wie ich es früher tat, erlangt niemals mehr als die Mindestbedingungen."


"Freunde müßt ihr haben; denn ihr braucht sie zu Zeiten, an Orten und Lagen, die ihr heute nicht überseht. Diese Einsicht ist weitverbreitet, und doch begreift sie kaum jemand recht, der nicht aus Erfahrung weiß, was sie bedeutet."


"Keinem Menschen mißfällt mehr als mir der Ehrgeiz, die Habsucht und die Ausschweifung der Priester, sowohl weil jedes dieser Laster an sich hassenswert ist, als auch weil jedes allein oder alle sich wenig ziemen bei Leuten, die sich zu einem von Gott besonders abhängigen Stand bekennen, und vollends, weil sie unter sich so entgegengesetzt sind, daß sie sich nur in ganz absonderlichen Individuen vereinigt finden könnten.

Gleichwohl hat meine Stellung bei mehreren Päpsten mich gezwungen, die Größe derselben zu wollen, meines eigenen Vorteils wegen. Aber ohne diese Rücksicht hätte ich Martin Luther geliebt wie mich selbst, nicht um mich loszumachen von den Gesetzen, welche das Christentum, so wie es insgeheim erklärt und verstanden wird, uns auferlegt, sondern um diese Schar von Nichtswürdigen (questa caterva di scelerati) in ihre gebührenden Grenzen gewiesen zu sehen, so daß sie entweder ohne Laster oder ohne Macht leben müßten."


Eric Voeglin, der Politologe und Kenner Machiavellis, denkt, dass Guicciardinis Urteil über Machiavelli viel zu wenig beachtet wurde. Für Guicciardini - wie es sich in seinen Bemerkungen über die Discorsi zeigt, war Machiavelli ein in gewisser Weise unrealistischer Enthusiast und politischer Optimist.

Für Voegelin ist dieses denkwürdige Urteil verdeckt worden durch die Propaganda der Gegenreformation und der Moralisten.


1522

Verschwörung verschiedener Mitglieder der Orti Oricellari mit dem Plan, Kardinal Giulio de´ Medici zu ermorden. Machiavelli gerät diesmal nicht in den gefährlichen Verdacht der Mitverschwörung - obwohl führende Mitglieder und Bewunderer Machiavellis aus Florenz verbannt - verschiedene Teilnehmer des Kreises sogar hingerichtet werden. Die inspirierenden Zusammenkünfte in den Gärten enden abrupt.

Machiavelli konzipiert im Auftrag der Medici den Verfassungsentwurf 'Denkschrift über die Reform des Freistaates von Florenz, verfasst im Auftrag Leos X.'.





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