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Michel de Montaigne - Biographie


1581

Mehrere Motive mischten sich, die große Reise (insgesamt siebzehn Monate und acht Tage) nach Italien zu unternehmen. Neben reiner Reiselust stand vermutlich vorrangig die Flucht vor den Wirren des Bürgerkriegs; die Suche nach heilenden Bädern; der Wille, sich weiterzubilden; der Wunsch, auf den Spuren seines Vaters zu wandeln. LoretoEin zentraler Vorwand war die Erfüllung eines Gelübtes.


Wie schon erwähnt, starben alle Kinder Montaignes kurz nach der Geburt. Das Überleben der Tochter Leonore hatte die Eltern das Gelübte abgeben lassen, der Mutter Gottes in Loreto für diese Gnade mit Gebet und Votivbild zu danken.

Dieses Versprechen erfüllt Montaigne, der Mitte April Rom verläßt. Vorher erwarb er noch den Ehrentitel Bürger von Rom, begründet:"...sowohl durch die Ehre und den Ruhm seines Geschlechts als auch durch die Verdienste seiner Tugend", wie die pompös aufgemachte Urkunde belegt.


Seine Reise führt schließlich in die Bäder in der Nähe von Lucca.

Dort erreicht ihn am 7. September die Nachricht, am 2. August einstimmig zum Bürgermeister (wie knapp dreißig Jahre zuvor sein Vater) gewählt worden zu sein.

Im Bagni di LuccaSpätherbst erst bricht Montaigne zur Heimreise nach Frankreich auf, um sein Amt anzutreten. Am 30. November 1581 erreicht er Schloß Montaigne.

Wir sind über die große Reise deswegen ausführlich unterrichtet, weil Montaigne selbst ein Tagebuch über die Erlebnisse, Begegnungen und kulturellen Kuriositäten führte: er schreibt über Hermaphroditen, über Ehen zwischen Lesben und Schwulen oder über die von den Schweizern beklagte allgemeine Sittenverderbnis, ebenso über Koch- oder Tischsitten in Süddeutschland. Er gibt unterwegs öffentliche Bälle und stiftet Preise für die besten Tänzerinnen, in Venedig und Florenz studiert er eingehend die Bordelle, er erlebt Hinrichtungen und Teufelsaustreibungen und beobachtet ein jüdisches Beschneidungsritual.


Dieses Tagebuch, Karte der grossen Reisedas Montaigne bewusst nicht veröffenlichte, wurde erst 150 Jahre nach dem Tode des Schriftstellers zufällig durch Abbe de Prunis auf Schloß Montaigne entdeckt. Das Manuskript erscheint 1774 unter dem Titel :"Tagebuch einer Reise durch Italien, die Schweiz und Deutschland in den Jahren 1580 und 1581".


Im dritten Buch seiner Essais schreibt Montaigne einen zentralen Satz seiner Existenz:"Ich schildere nicht das Sein, ich schildere das Unterwegs sein." Dahinter steht ein Vorbehalt gegen jedes Feste, Gewisse, Absolute! Die Reise spiegelt gleichsam den wesentlichen Charakterzug Montaignes wider. Zwar kennt man den gelehrten Einsiedler im Turm, aber Montaigne ist noch mehr der Mensch der Moderne, der der Langeweile um jeden Preis entflieht. Der neugierige Blick nach Innen korrespondiert mit dem staunenden Blick nach Außen. Das beweist eben das Tagebuch seiner Reise!


In den Essais schreibt Montaigne über das Reisen." Darum ist der Umgang mit Menschen von so außerordentlichem Nutzen und das Reisen in fremde Länder. Nicht, daß man nach Art unseres französischen Adels heimbringt, wieviel Schritte im Umfang die Santa Rotonda hat oder wie sich ein Nerokopf, den man in einer alten Ruine gefunden, von dem auf einer ähnlichen Medaille unterscheide oder wie fein die Leibwäsche der Signora Livia sei, sondern um den Charakter und die Lebensart dieser Nationen kennenzulernen, damit wir unsern Geist an dem ihren reiben und feilen. Man sollte mit dem Zögling von Kindesbeinen an ins Ausland reisen, und zwar, um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, zuerst zu den Nachbarvölkern, deren Sprache von der unseren mehr abweicht und für welche die Zunge, wenn man nicht beizeiten dazu tut, die Biegsamkeit verliert.-"


1582-1585

Der Bürgerkrieg der Marshall Matignondrei Heinriche (Heinrich III, Heinrich von Navarra und Heinrich von Guise, der sog. Liga) fordert das ganze politische Geschick des Bürgermeisters Michel de Montaigne heraus. Im Dienste seiner Vaterstadt, dessen Parlament ihn 1583 als Bürgermeister bis zum 31. Juli 1585 bestätigt, versucht Montaigne Bordeaux aus den politisch-religiösen Wirren herauszuhalten. Dafür reist er mehrmals an den Königshof Heinrich III. nach Paris.


Gleichzeitig sorgt er 1582 für die zweite Ausgabe seiner Essais mit einigen Korrekturen und Zusätzen.


Am 19. Dezember 1584 wird Montaigne erstmals von Heinrich von Navarra, dem späteren König Heinrich IV. besucht. Der Führer der calvinistischen Partei bleibt vier Tage, schläft im Bett des Hausherren, wird von ihm selbst bewirtet und sie gehen gemeinsam auf Hirschjagd. Diese Bekannschaft wurzelt zwar vorrangig auf politischen Hintergründen, scheint aber auch von Respekt und Sympathie geprägt zu sein.


Michel de Montaigne vermittelt im Juni 1585 zwischen Heinrich von Navarra und dem königlichen Gouverneur Marschall von Matignon, um die Machtergreifung der Liga in Bordeaux zu verhindern.

Am 1. August übernimmt Matignon, während die Pest in Bordeaux wütet, in dem kleinen Ort Feuillas das Bürgermeisteramt von Michel de Montaigne.


1586-1587

Montaigne Heinrich IVschreibt den dritten Band der Essais. Zugleich sieht sich Montaigne mit der ersten nicht autorisierten Pariser Ausgabe seiner Essais konfrontiert. Das spricht dafür, dass die Essais sofort beim Publikum ein kommerzieller Erfolg waren.


Am 24. Oktober 1587, kurz nach dem Sieg Heinrich von Navarra bei Coutras über die Liga unter Herzog von Joyeuse, kommt es zum zweiten Treffen Montaignes mit dem zukünftigen König Heinrich IV. auf Schloß Montaigne.





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